Verwaltungsgericht: Der Polizeieinsatz gegen Werder-Fans in Wolfsburg war rechtswidrig

Das Verwaltungsgericht Braunschweig hat mit Urteil vom 31. Januar 2024 festgestellt, dass die polizeilichen Maßnahmen gegen Werder-Fans am Wolfsburger Hauptbahnhof rechtswidrig waren. Wir bedanken uns bei den zahlreichen Fans, deren Augenzeugenberichte es der Klägerin und uns ermöglicht haben, stellvertretend für alle Betroffenen diesen gerichtlichen Erfolg zu erzielen.

Im Einzelnen hat das Gericht festgestellt, dass

  • die Feststellung der Identität der Klägerin rechtswidrig war,
  • die Durchsuchung der Klägerin und ihrer Sachen rechtswidrig war,
  • das auch gegenüber der Klägerin ausgesprochene Aufenthaltsverbot für das Wolfsburger Stadtgebiet rechtswidrig war,
  • dass alle personenbezogenen Daten der Klägerin im Zusammenhang mit den beanstandeten Maßnahmen zu löschen bzw. zu vernichten sind.

Kurzum: Alle Maßnahmen in der Kontrollstelle waren rechtswidrig. Diese Entscheidung des Verwaltungsgerichts möge den betroffenen Werder-Fans Genugtuung verschaffen. Nun ist gerichtlich festgestellt, dass sie in Wolfsburg rechtswidrig behandelt wurden.

Zur Erinnerung: Wenige Tage nach dem Spiel hatte der damalige niedersächsische Innenminister Pistorius so etwas ähnliches wie eine Entschuldigung geäußert. Zwar sei die Einrichtung einer Kontrollstelle rechtswidrig gewesen, die Durchsuchungsmaßnahmen hingegen „grundsätzlich zutreffend“. Die Polizeidirektion Braunschweig beharrte dann gegenüber den Werder-Fans, die im Nachgang eine Löschung der über sie gespeicherten Daten beantragt hatten, allen Ernstes darauf, dass die Datenerhebung rechtmäßig gewesen sei und die in der Kontrollstelle erhobenen Daten noch weitere fünf Jahre lang, bis August 2027, gespeichert blieben. Das Urteil des Verwaltungsgerichts hat nun alldem endgültig die Grundlage entzogen. Aufgrund der in dem Verfahren vorgelegten Unterlagen konnten wir zudem belegen, dass die Polizei Wolfsburg im Nachgang des Spiels die Öffentlichkeit vorsätzlich getäuscht hat. Die von ihr behaupteten „konkreten polizeilichen Erkenntnisse“, dass die Bremer Fans Pyrotechnik mit sich führen, hatte es in Wahrheit nie gegeben.

Dem Urteil vorangegangen war ein nicht öffentlicher Erörterungstermin im August 2023. Hier hatte das Gericht bereits zu erkennen gegeben, dass es die Maßnahmen für rechtswidrig hält. Erst daraufhin, im Angesicht der drohenden Niederlage, hat die Polizei die Rechtswidrigkeit endlich eingeräumt. Diese Salami-Taktik der Polizei spricht leider für eine schwach ausgeprägte Fähigkeit zur Selbstkritik. Wir erwarten dennoch, dass es in Wolfsburg künftig nicht mehr zu solch übertriebenen Polizeimaßnahmen kommen wird.

Kurioserweise hat das Gericht ausgerechnet die Einrichtung der Kontrollstelle selbst aus prozessualen Gründen nicht bewertet. Deren Rechtswidrigkeit sei nicht eigenständig, sondern nur im Rahmen der Einzelmaßnahmen zu prüfen. Es besteht aber nach alledem kein Zweifel daran, dass die komplette Kontrollstelle rechtswidrig war. Insofern ist die Gerichtsentscheidung für die Werder-Fans ein Sieg auf ganzer Linie.

In Bezug auf die Videoüberwachung durch den Einsatz einer Polizeidrohne hat das Gericht das Verfahren ohne Entscheidung in der Sache eingestellt. Auch dies beruht auf einem Fehler der Polizei: Sie hatte der Klägerin auf deren Anfrage, welche Daten über sie erhoben wurden, schriftlich geantwortet, dass Übersichtsaufnahmen durch eine Drohne angefertigt worden seien. Erst im Erörterungstermin vor Gericht stellte die Polizei klar, dass die Fans am Bahnhof von diesen Aufnahmen gar nicht erfasst gewesen seien. Das Gericht hat daher auch die Verfahrenskosten für diesen Aspekt der Staatskasse auferlegt. Die Richter*innen hatten in dem Erörterungstermin zuvor angedeutet, dass sie einen Drohneneinsatz über dem Hauptbahnhof für rechtswidrig gehalten hätten, da in den Lautsprecherdurchsagen vor dem Bahnhof nicht wie vorgeschrieben auf die Videoüberwachung hingewiesen wurde.