Chatkontrolle stoppen

Die Europäische Kommission plant ein neues Gesetz zur umfangreichen Kontrolle von Chats, welches tief in die Privatsphäre der Menschen eindringen soll. Unter dem Vorwand des Kinderschutzes soll eine Überwachungsinfrastruktur etabliert werden, deren Einsatz mittelfristig auch auf Fußballfans ausgeweitet werden könnte. Chatnachrichten, E-Mails und in der Cloud gespeicherte Daten sollen ständig gescannt, mit polizeilichen Datenbanken abgeglichen und mit Hilfe von künstlicher Intelligenz analysiert werden. Auch Ende-zu-Ende-verschlüsselte Kommunikation wäre betroffen. Zudem sieht der Verordnungsentwurf Uploadfilter, Netzsperren und massive Einschränkungen des anonymen Nutzens des Internets vor. Der Dachverband der Fanhilfen hat sich der Kampagne „Chatkontrolle stoppen!“ angeschlossen, um auf die drohende Überwachung hinzuweisen. Die Beweggründe erklärt der Dachverband in diesem Interview, welches anlässlich eines Artikels bei netzpolitik.org geführt wurde:

netzpolitik.org: Wie seid ihr als Dachverband der Fanhilfen auf das Thema Chatkontrolle aufmerksam geworden?

Dachverband der Fanhilfen: Wir sind über die anhaltenden Debatten und kritische Medien auf das Thema aufmerksam geworden. Fußballfans sind seit Jahren bspw. mit illegalen Datensammlungen der Polizei konfrontiert. Deshalb liegt uns das Thema Datenschutz besonders am Herzen. Methoden zur Massenüberwachung wie die Chatkontrolle lehnen Fanhilfen bundesweit kategorisch ab. Zahlreiche Bundesländer haben mit neuen Reformen der Polizeigesetze allerdings bereits schon ähnliche Überwachungsmaßnahmen legalisiert bzw. dies zumindest versucht. In der Regel betonen die Regierungen damit etwa die Strafverfolgung von Terroristen, schweren Straftätern oder Kinderpornografie zu verbessern. Tatsächlich werden neue Polizeibefugnisse aber auch immer zur Massenüberwachung von Fußballfans eingesetzt.

netzpolitik.org: Warum sind die Fanhilfen dagegen?

Dachverband der Fanhilfen: Fußballfans sind schon heute enormen Polizeimaßnahmen und Grundrechtseinschränkungen durch die Polizei ausgesetzt. Martialische Polizeieinsätze, Einschränkungen von Bewegungs- und Reisefreiheit, permanente Kameraüberwachung und Hausdurchsuchungen sind bereits heftige Maßnahmen gegen Fans. Mit der Chatkontrolle soll die Polizei noch mehr Befugnisse erhalten und damit noch weiter in das Alltagsleben auch von Fans eindringen. Wir befürchten hier einen starken Gebrauch der Chatkontrolle gegen die Sub- und Jugendkultur von Fußballfans, der insbesondere angesichts abnehmender Straftaten in den Stadien einfach nicht vertretbar ist. Dadurch ist die freie und selbstbestimmte Fankultur, wie wir sie bislang kennen, direkt bedroht.

netzpolitik.org: Was soll die Bundesregierung jetzt unternehmen?

Dachverband der Fanhilfen: Die Bundesregierung muss die Bemühungen zur Einführung der Chatkontrolle umgehend stoppen. Dieses Instrument der Massenüberwachung darf nicht umgesetzt werden und widerspricht allen freiheitlichen Grundsätzen. Im EU-Rat fällt Deutschland als bevölkerungsreichstem Land eine entscheidende Rolle zu. Viele andere Länder orientieren sich an der deutschen Position. Und diese muss ein klares Stoppzeichen gegen die Chatkontrolle sein.

netzpolitik.org: Wie viele Leute haben das Thema bisher auf dem Schirm?

Dachverband der Fanhilfen: Das Thema hat unserer Meinung nach noch nicht die Aufmerksamkeit erhalten, die eigentlich angemessen ist. Alle Menschen in der EU wären von der Chatkontrolle betroffen, aber nur die wenigsten wissen von den geplanten Überwachungsmaßnahmen. Daher braucht es mehr Aufmerksamkeit und Aufklärung. Wir Fanhilfen wollen deshalb das Thema kritisch beleuchten und dafür sorgen, dass möglichst viele Fußballfans die Chatkontrolle ablehnen und ihre Stimme erheben.

netzpolitik.org: Warum ist es wichtig, politische Themen wie die Chatkontrolle ins Stadion zu tragen?

Dachverband der Fanhilfen: Der Dachverband der Fanhilfen folgt keiner Partei o. Ä., sondern ist Sprachrohr von Fußballfans. Willkürliche Überwachung und Repression gegen Fans sind im Stadion an der Tagesordnung. Durch intensive Aufklärungsarbeit von uns als Fanhilfen sind bereits viele Fans sensibilisiert für Themen rund um Überwachung und Freiheitsrechte. Da geht aber noch deutlich mehr. Wir müssen den Druck aus den Fanszenen erhöhen, sonst werden die Fans zum Spielball der Polizei.

Weitere Informationen: https://chatkontrolle.eu