Der für morgen geplante Corteo vom Marktplatz zum Weserstadion kann stattfinden. Eigentlich hätte zum letzten Heimspiel der Saison gegen den 1. FC Köln ein pauschales Fanmarschverbot für Heim- und Gästefans gelten sollen. So verkündete es das Ordnungsamt am 5. Mai und behauptete zur Begründung allen Ernstes, „unsachliche Berichterstattung in der Tagespresse“ und „Gerichtsentscheide zu Gunsten Bremer Ultras“ machten eine Störung der öffentlichen Sicherheit wahrscheinlich. Nachdem die Grün-Weiße Hilfe am Dienstag beim Verwaltungsgericht einen Eilantrag gegen das Fanmarschverbot eingereicht hatte, kündigte das Ordnungsamt an, das Fanmarschverbot für Heimfans aufzuheben. Dies ist heute nun erfolgt.
Sachfremde Erwägungen
Die Grün-Weiße Hilfe kritisiert schon seit Jahren die Praxis des Ordnungsamts, vor vielen Heimspielen ein allgemeines Fanmarschverbot auszusprechen. Mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen haben wir daher, dass in der laufenden Saison mehreren Gästefanszenen (u. a. Stuttgart, Wolfsburg und Dortmund) in Bremen erlaubt wurde, vom Bahnhof zum Stadion zu laufen. Dabei hat sich erneut erwiesen, dass solche Fanmärsche in aller Regel völlig friedlich verlaufen.
Vor diesem Hintergrund waren wir etwas überrascht, dass das Ordnungsamt für den letzten Heimspieltag dann doch wieder ein Fanmarschverbot verhängte. Vor allem die Begründung des Ordnungsamts schlägt dem Fass den Boden aus: Sie besteht im Wesentlichen aus einer erratisch wirkenden Stichwortsammlung, die „Umstände zusammenfasst“, welche angeblich „die erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Störung der öffentlichen Sicherheit durch gegenseitige Angriffsversuche der verfeindeten Problemfanszenen im Falle eines Fanmarsches“ begründen. Zu diesen Umständen zählt das Ordnungsamt auch „Gerichtsentscheide zu Gunsten Bremer Ultras“ sowie „unsachliche Berichterstattung bezgl. polizeilicher Ermittlungen in der Tagespresse“. Es liegt auf der Hand, dass dies völlig sachfremde Erwägungen sind.
Ordnungsamt auf Kriegsfuß mit Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit
Wir können letztlich nur spekulieren, welche Gerichtsentscheide und Berichterstattung das Ordnungsamt überhaupt meint. Näher ausgeführt wird das nämlich nicht. Vermutlich hat es etwas mit diesem Sachverhalt zu tun. Wie auch immer: Ein Ordnungsamt, das offenbar aus Frust über Medienberichte und Gerichtsentscheidungen allgemeine Verbotsverfügungen ausspricht, steht auf Kriegsfuß mit Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit. Es offenbart sich hier ein höchst problematisches Verständnis der gerichtlichen wie medialen Kontrolle exekutiven Handelns.
Eine Allgemeinverfügung, die von derart sachfremden Erwägungen getragen wird, ist rechtlich gesehen mit schwerwiegenden Ermessensfehlern behaftet. Aus diesen und weiteren Gründen hat ein Mitglied der Grün-Weißen Hilfe am Dienstag Widerspruch gegen das Fanmarschverbot eingelegt und einen entsprechenden Eilantrag beim Verwaltungsgericht gestellt. Das Ordnungsamt hat daraufhin mitgeteilt, es hätte bereits eine neue Allgemeinverfügung erlassen, die das Fanmarschverbot auf Gästefans des 1. FC Köln beschränkt. Diese Allgemeinverfügung wurde heute im Weser-Kurier und im Internet bekanntgegeben. In der Begründung sind die absurden Passagen über Gerichtsentscheidungen und Presseberichte nicht mehr enthalten.
Verwaltungsgericht hätte zugunsten der Grün-Weißen Hilfe entschieden
Nach der Aufhebung des Fanmarschverbots für Werder-Fans kann der Corteo morgen stattfinden, so dass das Hauptanliegen unseres Eilantrags erreicht ist. Daher haben wir gegenüber dem Verwaltungsgericht erklärt, dass sich unser Antrag damit erledigt hat. Außerdem haben wir beantragt, dass die Kosten des Verfahrens der Stadtgemeinde Bremen auferlegt werden, weil das Gericht dem Eilantrag voraussichtlich stattgegeben hätte, wenn die Allgemeinverfügung nicht nach Einreichen der Klage aufgehoben worden wäre. Das Gericht hat bereits erkennen lassen, dass es unsere Auffassung hierzu teilt, und der Gegenseite mitgeteilt, dass sie voraussichtlich die Kosten zu tragen hat.