Nachtrag 06.04.2024: Die Arbeit der Fanhilfen wirkt! Die Intensivkontrollen haben, unserer Beobachtung nach, gestern nicht statt gefunden. Insgesamt war eine fanfreundlichere Verbesserung der Situation am Gästeblock wahrzunehmen. Wer gegenteiliges festgestellt hat, den bitten wir sich bei uns zu melden.
In Kürze steht unser diesjähriges Auswärtsspiel bei Eintracht Frankfurt an. Für viele eine beliebte Auswärtstour, die jedoch regelmäßig von den Ordnungsmaßnahmen vor Ort negativ überschattet wird. Uns wurden in den letzten Jahren immer wieder Zwischenfälle im Waldstadion mitgeteilt. Es gibt viele Punkte, die uns Anlass zur Kritik geben:
- wiederholte Personen- und Ticketkontrollen (bis zu drei Kontrollen, bevor man den Gäste-Stehblock betreten darf);
- teilweise dauerhafte Beobachtung und/oder Bewachung durch Ordner*innen und Polizei zwischen den Kontrollen;
- ein allgemeines Bedrohungsszenario durch einen mit Kabelbindern und verstärkten Handschuhen hochgerüsteten Ordnungsdienst;
- die willkürliche Auswahl der zu durchsuchenden Personen bei der späteren Intensivkontrolle am Block;
- Einzelkontrollen in abgeschotteten Räumen abseits von Bezugsgruppen und einem kontrollierenden Blick der Öffentlichkeit;
- das immer wieder geforderte Ausziehen sowie Griffe in den Intimbereich der Fans durch Ordner*innen
All dies wird außerdem immer wieder unter deutlicher Polizeipräsenz durchgeführt.
Wir möchten alle Werder-Fans darauf hinweisen: Ihr müsst euch den Intensivkontrollen nicht beugen! Ihr habt das Recht, NEIN zu sagen und das Stadion zu verlassen. Meldet euch gerne bei uns zur Dokumentation, solltet ihr in die Situation gebracht werden, zwischen Intensivkontrolle und dem Verlassen des Stadions zu wählen, obwohl ihr eine gültige Eintrittskarte habt.
Kontroll-Wahn im Waldstadion
Ihr wisst nicht genau, worum es geht? Im Folgenden möchten wir unsere Kritik an Eintracht Frankfurt und dem eingesetzten Ordnungsdienst im Bereich des Gäste-Stehblocks genauer ausführen:
Wie bei vielen Stadien gibt es in Frankfurt eine Art Umfriedung des Stadiongeländes, deren Öffnung für Gästefans in der Nähe des Gästeparkplatzes liegt. Hier befindet sich eine Ticketkontrolle (elektrische Drehkreuze, an denen man das Ticket eigenständig einliest) sowie eine Körperkontrolle: Gästefans werden dort durch Ordner*innen abgetastet, wie es in allen Bundesliga-Stadien Gang und Gäbe ist. Außerdem werden Fanmaterialien durch Ordner*innen auf Zulässigkeit kontrolliert. So weit, so üblich.
Hinter dieser Kontrollstelle befinden sich nach unseren Beobachtungen in der Regel Polizeieinheiten, die das Geschehen beobachten. Hier entzündet sich unsere erste Kritik, da wir keine Notwendigkeit für den Einsatz von Polizeikräften im vereinseigenen Bereich sehen. Dazu kommt, dass organisierte Fans nun durch diese Polizeipräsenz auch noch zum Stadionumlauf geleitet werden, indem sie eng begleitet laufen müssen. Der Grund dafür mag sein, dass das Waldstadion nicht über einen eigenen Gästezugang verfügt und somit eine Trennung von Gäste- und Heimfans gewährleistet werden soll. Dennoch ist es kritisch zu betrachten, dass der privat agierende Verein hier auf die öffentliche Institution der Polizei zurückgreift.
Im Bereich des Gäste-Stehblocks angekommen landen die Gästefans in der nächsten Kontrolle, wo sie erneut durch Ordnungspersonal abgetastet werden (das gleiche Prozedere wie einige hundert Meter zuvor) und ihre Tickets für den Gäste-Stehblock vorzeigen müssen. Dafür werden eigens sogenannte „Hamburger Gitter“ im Bereich des Blockeingangs aufgestellt, die die einströmenden Fans in enge Gassen zwingen, große Staus entstehen lassen und regelmäßig zu kritischen Situationen führen, in denen Fans eingequetscht werden oder stecken bleiben. Die Ticketkontrolle ist nachvollziehbar, um sicher zu gehen, dass nur Gästefans mit der entsprechenden Berechtigung den Gäste-Stehbereich betreten. Dass hier jedoch eine erneute Körperkontrolle vorgenommen wird, ist gelinde gesagt eine Frechheit.
Das Ziel der Kontrolle ist das Gleiche wie draußen vor dem Stadiongelände: verbotene Gegenstände daran hindern, den Block zu erreichen. Vertraut Eintracht Frankfurt seinem Ordnungsdienst am äußeren Stadiongelände nicht? Wozu ist es notwendig, jeden einzelnen Gast vor dem Stehbereich noch einmal zu durchsuchen? Wir kritisieren diese aufstauende und zeit- sowie nervenzehrende Praxis deutlich als ziellose und künstliche Verknappung, die regelmäßig dazu führt, dass Fans erst nach Anpfiff den Block betreten können und so Teile des Spiels verpassen.
Außerdem wiederholen sich diese Kontrollmaßnahmen auch während des Spiels, sollte man sich bspw. in der Pause etwas zu trinken holen oder zur Toilette wollen und danach wieder den Gäste-Stehblock betreten.
Intensive Einzelkontrollen und Ausziehen, um Fußball zu schauen
Damit ist jedoch nicht genug! Nun kommen wir zum größten Kritikpunkt am Ordnungskonzept für Gästefans bei Eintracht Frankfurt.
Hinter der Körper- und Ticketkontrolle im Gästestehblock-Eingang steht unseren Beobachtungen nach seit Jahren eine Kette an Ordner*innen, die offenbar willkürlich einzelne Personen für Intensivkontrollen auswählt (Kriterien dafür sind uns nicht bekannt). Durch ein Deuten mit dem Finger oder sogar durch aggressives Anpacken und Mitschleifen werden Personen, die auf die zweite Körperkontrolle warten, an den Rand des Block-Eingangs verbracht.
Hinter einer Linie an Ordner*innen, die Fans daran hindern, ohne Kontrolle den Block zu betreten, stehen außerdem regelmäßig Einheiten der Polizei, die die Situation beobachten. Durch ihre Präsenz wird womöglich auf die Auswahl der intensiv zu kontrollierenden Personen Einfluss genommen sowie begründet, die ganze Situation anlasslos zu filmen. Auch dies kritisieren wir scharf als Beschneidung der Freiheitsrechte betroffener Fans!
Die nun zur Intensivkontrolle ausgewählten Fans müssen seitlich des Eingangs ausrangierte Toilettenräume betreten, in denen Intensivkontrollen durchgeführt werden. Was dort geschieht, haben unsere Mitglieder wie folgt beschrieben:
Ich wurde von einem Ordner mit verstärkten Handschuhen in den Vorraum einer alten Toilettenanlage geschubst. Noch weitere Fans standen in dem kleinen Flur und warteten darauf, dass sie in einzelne Toilettenräume gebracht werden. Dort angekommen wurde ich erneut durch einen Ordner abgetastet. Ich musste meine Hose, meine Jacke, meinen Pullover, mein T-Shirt und meine Schuhe ausziehen. Alles wurde eingehend gefilzt, sogar die Karten in meinem Portemonnaie. Als der Ordner fertig war, zog ich alles wieder an und erst dann durfte ich in den Stehblock.
Ein anderes Mitglied berichtete über die Intensivkontrolle:
Ich stand da auch schon mal nur noch in Boxershorts vor dem Ordner. Hätte ich mich geweigert, hätte ich das Stadion verlassen müssen, obwohl ich ja ein Ticket hatte.
Betroffen erzählte uns gegenüber ein weiteres Mitglied:
Mir hat der Ordner bei der Intensivkontrolle richtig in den Schritt gegriffen und zugepackt.
Eine andere Schilderung lautet:
Ich habe mich sehr unwohl gefühlt bei dem Gedanken, mit diesem bedrohlich wirkenden Ordnungsdienst alleine hinter dieser Stahltür zu verschwinden. Das habe ich auch geäußert. Irgendwann durfte jemand vom Fanprojekt Bremen meine Intensivkontrolle im Toilettenraum beobachten. Aber auch das war eine fremde Person und somit sehr unangenehm für mich.
Was können wir tun?
Wir als Grün-Weiße Hilfe kritisieren dieses Vorgehen scharf! Es ist absolut nicht angemessen, willkürlich ausgewählte Fans dazu zu zwingen, sich in Einzelkontrollen zu begeben. Genauso wenig, sie teilweise zu zwingen, sich auszuziehen, um ein Fußballspiel zu schauen, für das sie eine gültige Eintrittskarte und die übliche Körperkontrolle bereits absolviert haben. Dass dies auch noch abseits des kontrollierenden Blicks der Öffentlichkeit stattfindet und darum bspw. Griffe in den Intimbereich ermöglicht, setzt dem Ganzen die Krone auf. Wir fordern Eintracht Frankfurt auf, dieses Vorgehen umgehend abzuschaffen!
Auch das ständige Bedrohungsszenario durch aggressives Auftreten von Ordner*innen und dahinter stehende Polizeieinheiten trägt nur zur Verschlimmerung der Situation bei und sollte schnellstmöglich abgebaut werden.
Wir möchten alle Werder-Fans darauf hinweisen: Ihr müsst euch den Intensivkontrollen nicht beugen! Ihr habt das Recht, NEIN zu sagen und das Stadion zu verlassen. Meldet euch gerne bei uns zur Dokumentation, solltet ihr in die Situation gebracht werden, zwischen Intensivkontrolle und dem Verlassen des Stadions zu wählen, obwohl ihr eine gültige Eintrittskarte habt.