Die Grün-Weiße Hilfe kritisiert die von der Polizei Bremen angekündigten Maßnahmen gegen Bayern-Fans und wirft ihr vor, eine gerichtliche Überprüfung bewusst zu behindern. Die Polizei hatte im Vorfeld des morgigen Auftaktspiels der Fußball-Bundesliga öffentlich verkündet, Identifizierungsmaßnahmen auch gegen Bayern-Fans durchführen zu wollen, die im Mai beim letzten Gastspiel ihrer Mannschaft in Bremen lediglich Banner und Blockfahnen gehalten hätten. Die Polizei wirft diesen Personen vor, dadurch ein Umkleiden und Vermummen von Personen und das Abbrennen von Pyrotechnik ermöglicht zu haben. Dadurch hätten sie sich, so die Polizei, angeblich strafbar gemacht. „Hier werden Gästefans kriminalisiert, die einfach nur im Block standen und eine Fahne gehalten haben, welche dort durch die Reihen weitergereicht wurde. Das ist ein völlig normales und neutrales Fanverhalten, wie es auch im Werder-Fanblock üblich ist. Daraus den Vorwurf einer Straftat zu konstruieren, ist rechtlich sehr gewagt und in dieser Pauschalität schlicht unseriös“, meint der Bremer Rechtsanwalt Nils Dietrich.
Sein Münchner Anwaltskollege Marco Noli teilt diese Kritik und wirft der Polizei vor, durch großspurige Ankündigungen offenbar unbeteiligte Bayern-Fans einschüchtern zu wollen. Noli erinnert daran, dass nach der letzten Begegnung beider Mannschaften im Mai bereits die Busse der abreisenden Bayern-Fans in einer großangelegten Polizeimaßnahme der Bremer Polizei auf einem Autobahnrastplatz bei Achim angehalten und einer stundenlangen Kontrolle unterzogen wurden. Dabei wurden sämtliche Insassen der Busse namentlich erfasst und einer Durchsuchung und erkennungsdienstlichen Behandlung – mit Abfilmen – unterzogen. „Diese unverhältnismäßige Schikane richtete sich undifferenziert und ohne Bestehen eines individuellen Tatverdachts gegen sämtliche Bayern-Fans in den Bussen und war daher rechtswidrig“, kritisiert Noli. Er verweist auf eine von der Grün-Weißen Hilfe im Jahr 2019 erlangte Entscheidung des Amtsgerichts Bremen. Dieses hatte in einem vergleichbaren Fall derartige „Gießkannen-Maßnahmen“ gegen eine größere Gruppe Fußballfans ohne konkreten personellen Tatverdacht für rechtswidrig erklärt.
Dietrich und Noli stellten daher noch im Juni in Namen einiger Bayern-Fans gegen diese Buskontrolle beim Amtsgericht Bremen einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit. Die Bremer Polizei hat jedoch, trotz mehrmaliger Aufforderung durch das Gericht, bisher weder eine Stellungnahme hierzu abgegeben noch die nötigen Akten vorgelegt, weshalb das Amtsgericht noch nicht entscheiden konnte. Für Noli grenzt dieses Verhalten an Behinderung der Justiz: „Man muss vor diesem Hintergrund den Eindruck gewinnen, dass die Polizei Bremen versucht, das Verfahren bewusst zu verzögern und somit zu vereiteln, dass die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der Buskontrolle zeitnah erfolgen kann. Dass die Polizei Bremen somit einerseits das Recht auf effektiven Rechtsschutz untergräbt, indem sie die gerichtliche Überprüfung einer polizeilichen Maßnahme verhindert, und zugleich erneut ebensolche Maßnahmen ankündigt, zeugt von einem sehr fragwürdigen Rechtsstaatsverständnis der Bremer Sicherheitsbehörden.“
Die Grün-Weiße Hilfe begrüßt derweil die Ankündigung des SV Werder, die Stehplätze für Gästefans endlich in den Unterrang zu verlegen und somit die Werder-Fans in der Westkurve besser zu schützen. Bereits bei den Planungen des Stadionumbaus vor fünfzehn Jahren hatte die Fanszene den damaligen Verantwortlichen des Vereins dringend davon abgeraten, den Gästeblock allein im Oberrang zu verorten.
Gleichwohl sieht sie die Polizei angehalten, sich hinsichtlich etwaiger weiterer Maßnahmen – gerade vor dem Hintergrund der ausstehenden gerichtlichen Klärung der Maßnahmen aus dem Mai – innerhalb der ihr zustehenden gesetzlichen Befugnisse zu halten und auf Pauschalmaßnahmen gegen größere Gruppen ohne individuellen Tatverdacht oder eine individuelle Gefahrenprognose ebenso zu verzichten wie auf eine unseriöse Öffentlichkeitsarbeit. Die Grün-Weiße Hilfe wird das Vorgehen der Polizei gegen die Gästefans aus München am morgigen Freitag aufmerksam verfolgen und, falls es nötig erscheint, erneut rechtliche Unterstützung leisten.