Welche Regeln für körperliche Durchsuchungen gelten, hängt davon ab, ob die Polizei zum Zwecke der Strafverfolgung nach Beweismitteln für eine begangene Straftat bei euch sucht (z.B. Drogen, deren Besitz strafbar ist) oder ob sie zum Zwecke der Gefahrenabwehr Gegenstände auffinden möchte (z.B. Pyrotechnik vor dem Spiel).
Strafverfolgung
Wenn die Polizei euch einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verdächtigt, darf sie euch durchsuchen, wenn zu vermuten ist, dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde. Etwas höher ist die Schwelle, wenn sie euch noch nicht konkret der Tat verdächtigt, aber davon ausgeht, dass bei euch bestimmte Gegenstände oder Spuren zu finden sind (Beispiel: Polizei will euren Bus durchsuchen, weil sie glaubt, irgendjemand aus dem Bus hat einen Schal abgezogen und ihn mit den Bus genommen). In diesem Fall reichen keine Vermutungen, sondern die Polizei braucht konkrete Tatsachen, aus denen zu schließen ist, dass der Schal im Bus ist (z. B. entsprechende Zeugenaussagen oder Beobachtungen). Wichtig: Bei Durchsuchungen zum Zwecke der Strafverfolgung gilt immer ein Richtervorbehalt, wie bei Wohnungsdurchsuchungen. Nur bei Gefahr im Verzug kann die Polizei auch ohne richterliche Anordnung die Durchsuchung durchführen; anders als bei der Wohnungsdurchsuchung braucht es hier keine Eilanordnung der Staatsanwaltschaft. Gefahr im Verzug besteht, wenn die richterliche Anordnung nicht eingeholt werden kann, ohne dass der Zweck der Maßnahme dadurch gefährdet wird. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn es schon spät abends ist und der richterliche Bereitschaftsdienst erst wieder am nächsten Morgen beginnt. Aber auch ohne Gefahr im Verzug versucht die Polizei regelmäßig, den Richtervorbehalt zu umgehen, indem sie euch dazu drängt, in die Durchsuchung einzuwilligen. Wenn die Polizei euch also fragt, ob sie dies oder das durchsuchen darf, solltet ihr das in der Regel entschieden ablehnen. Lasst diesen Widerspruch protokollieren. Leistet aber keinen körperlichen Widerstand.
Gefahrenabwehr
Bei Durchsuchungen von Personen oder Sachen zum Zwecke der Gefahrenabwehr gilt leider kein Richtervorbehalt. Darum wird die Polizei, wenn es irgendwie geht, die Durchsuchung damit begründen, dies sei zur Abwehr einer Gefahr erforderlich. Wenn sie zum Beispiel geraubte Fanutensilien finden will, wird sie behaupten, es gehe ihr vor allem darum, den drohenden Schaden am Eigentum der beraubten Person zu verhindern und ihr die Sachen zurückzugeben, auch wenn es ihr in Wahrheit in erster Linie um die Strafverfolgung geht. Die Regeln zur Durchsuchung zum Zwecke der Gefahrenabwehr sind in den Polizeigesetzen der Länder bzw. im Bundespolizeigesetz festgelegt. Sie können je nach Bundesland geringfügig voneinander abweichen. Generell lässt sich sagen: Die Polizei darf dich durchsuchen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie bei dir Gegenstände finden wird, die sie sicherstellen darf. Das sind insbesondere gestohlene oder „gefährliche“ Gegenstände. Außerdem ist eine Durchsuchung zulässig, wenn du dich in einer hilflosen Lage (z.B. extremer Rauschzustand) befindest oder bei einer Ingewahrsamnahme. Außerdem kann Polizei dich ohne konkreten Anlass an kriminalitätsbelasteten Orten durchsuchen, auch „gefährliche Orte“ oder„besondere Kontrollorte“ genannt. In vielen Städten zählt das Umfeld des Hauptbahnhofs zu diesen Orten, manchmal auch das Stadion. Und sie darf dich im Rahmen einer Identitätsfestellung zur Eigensicherung nach gefährlichen Gegenständen und Waffen abtasten. Durchsucht werden dürfen Rücksäcke, Handtaschen, Taschen und Versteckmöglichkeiten an der Kleidung und Körperöffnungen wie Mund, Nase, Ohren. Eine Durchsuchung muss, wenn möglich, von einer Person des gleichen Geschlechts durchgeführt werden; bei inter- und transidenten Personen ist individuellen Wünschen nach Möglichkeit Rechnung zu tragen. Wirst du nicht nur am Körper durchsucht, sondern auch deine Sachen durchstöbert, hast du in den meisten Bundesländern Anspruch auf eine schriftliche Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund.
Nacktkontrollen
Erfordert die Durchsuchung zwingend, dass du dich bei der Durchsuchung entkleidest, darf die Polizei dies verlangen und dich ggf. auch dazu zwingen. Dies kann beispielsweise zulässig sein, wenn sie tatsachenbasierte Gründe zur Annahme hat, dass du im Intimbereich Dinge mit dir führst, die die Polizei sicherstellen darf. Pauschale Nacktkontrollen bei einer Ingewahrsamnahme sind unzulässig (kommen aber leider trotzdem vor), Die Polizei muss bei Durchsuchung mit Entkleidung besonders streng auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit achten. Das bedeutet, dass sie grundsätzlich bei der Unterwäsche Schluss machen muss und dich nur ausnahmsweise auffordern, auch die Unterwäsche freizulegen. Wenn du nicht völlig nackt vor den Polizist*innen stehen willst, solltest du darauf bestehen, Oberkörper und Unterkörper nacheinander freilegen zu dürfen, so dass immer jeweils eine Körperhälfte bekleidet bleibt.
Einlasskontrollen am Stadion
Auch die Durchsuchung durch den Ordnungsdienst am Stadion unterliegt gewissen Regeln. Mit dem Kauf der Eintrittskarte erklärst du dich grundsätzlich damit einverstanden, beim Betreten des Stadions abgetastet zu werden und mitgeführte Gegenstände kontrollieren zu lassen. Du kannst aber jederzeit die Kontrolle abbrechen und das Stadion wieder verlassen. Dieses Abtasten muss außerdem immer verhältnismäßig sein. Besucher*innen dürften nur von Personen des gleichen Geschlechts durchsucht werden. Eingriffe in den Intimbereich (z.B. Griffe zwischen die Beine oder an die Brüste) haben die Ordner*innen zu unterlassen. Weise sie ggf. auf diese Grenzüberschreitung hin. Vermehrt setzen Vereine in letzten Jahren auf Ganzkörperkontrollen oder Nacktscanner. Bei diesen Ganzkörperkontrolle werdet ihr in einen extra Raum gebeten und sollt euch ganz oder teilweise zum Abtasten entkleiden. Derartige Kontrollen agieren im Graubereich der Zulässigkeit. Wenn ihr euch dabei unwohl fühlt, verweigert dies und verlasst im Zweifel das Stadion. Die Ordner*innen haben kein Recht, euch festzuhalten, so lange sie euch nicht gerade auf frischer Tat bei einem strafbaren Verhalten erwischt haben (z. B. Drogenbesitz). Allerdings können sie jederzeit die Polizei zur Hilfe rufen. Wenn die Polizei die Durchsuchung übernimmt, gelten die oben genannten Regeln für Durchsuchungen zum Zwecke der Strafverfolgung bzw. Gefahrenabwehr.